Mit der Weizenkrise sehen deutsche Landwirte leichtes Geld – zdemir macht Schluss damit.

Seit Beginn des Ukraine-Konflikts horten die Deutschen Brot und Sonnenblumenöl. Wer es bis Feierabend nicht zum Einkaufen schafft, steht vor leeren Regalen. Was machen die Leute mit all ihrem überschüssigen Öl und Mehl? “So viel kann man nicht backen und braten!” sagt der Lidl-Mitarbeiter in Berlin-Lichtenberg.
Seit dem Ausbruch des Coronavirus scheint das Horten für einige zu einem beliebten Sport geworden zu sein. Laut Psychologen finden manche Menschen Freude daran, begrenzte Waren zu horten. Aber vielleicht schauen die Hamsterer nur auf den Weltmarkt: Auch wenn in den Lagern von Supermärkten und Discountern noch genügend Pflanzenöl und Weizen vorhanden sind, sieht es weltweit anders aus.
Beispiel Weizen: Aufgrund der Kampfhandlungen drohen Lieferungen aus der Ukraine komplett storniert zu werden. Darüber hinaus hat Russland, der weltgrößte Weizenexporteur, seine Lieferungen eingeschränkt. Zusammen machen die beiden Nationen ein Drittel der weltweiten Weizenexporte aus. Als Folge steigen die Weltmarktpreise. Die Weizenpreise haben sich im letzten Jahr fast vervierfacht und erreichen rund 400 Euro pro Tonne.

Rettung naht: Der Deutsche Bauernverband bietet Weizen-Krisenlösung an.
Während einige Deutsche derzeit Läden überfallen, um sich mit Mehl für die Woche einzudecken, ist dies in anderen Ländern wahrscheinlich nicht praktikabel. Weizen beispielsweise ist in Japan und Ägypten bereits Mangelware. Hier ist man ganz auf Importe angewiesen. Auch viele Entwicklungsländer sind direkt vom Ukraine-Konflikt betroffen: Laut einem aktuellen Bericht der Weltbank sind Gambia, der Libanon, Moldawien und Dschibuti die Länder, die am stärksten von den mangelnden Weizenexporten der Ukraine betroffen sind.

Doch Hilfe ist unterwegs. Und auch aus Deutschland. Rechtzeitig zum jetzigen Agrarministertreffen in Magdeburg hat sich der Deutsche Bauernverband, eine große landwirtschaftliche Interessenvertretung, positioniert. Laut Deutschlands Spitzenbauern Joachim Rukwied (CDU) scheint die Antwort auf die weltweite Weizenkrise kein großes Thema zu sein, sondern es müsse etwas “fein abgestimmt” werden, um die Ernährungssicherheit aufrechtzuerhalten.

Konkret bedeutet dies sogenannte ökologische Vorrangzonen, die aus Klimaschutzgründen unbebaut bleiben und teilweise für die Nahrungsmittelproduktion genutzt werden sollen. „Derzeit liegt der Anteil dieser Vorzugsstandorte bei vier bis fünf Prozent“, so Rukwied. Zwei Prozent oder 250.000 Hektar des Landes können als Landschaft umfunktioniert werden, um etwa 1,5 Millionen Tonnen Weizen zu produzieren.

Nach Angaben der EU-Kommission steuern die Ukraine und Russland rund 34 % des Weizens für die Weltmärkte bei. (Symbolbild)
dpa-Zentralbild/dpa Patrick Pleul Nach Angaben der EU-Kommission liefern die Ukraine und Russland rund 34 Prozent des Weizens für die Weltmärkte. (Symbolbild)
Darüber hinaus würden Deutschlands Landwirte von einer globalen Vergeltung profitieren: Die derzeit erwarteten 1,5 Millionen Tonnen Weizen würden die Kassen der Landbesitzer mit 600 Millionen Euro pro Hektar zusätzlich kosten. Nur 2500 Quadratkilometer Blühwiesen und ökologisch wertvolles Brachland müssen den Pflugscharen geopfert werden – und mit ihnen Millionen Bienen, Insekten und Vogelarten.

Auch Umweltschützer reagieren sensibel auf Rukwieds Vorschlag: „Aufgrund des Krieges in der Ukraine werden geplante soziale und ökologische Verbesserungen in der europäischen und deutschen Agrarpolitik verschoben oder gar gestoppt“, sagt Christian Rehmer, Agrar-Experte im Umweltbundesamt, gegenüber FOCUS Online. „Diese Appelle sind unverantwortlich. Es geht nicht um Nebensächlichkeiten oder gar Luxus, sondern um den Schutz von Land, Wasser, Biodiversität und Klima.“